Geschichte der TG Höchst – seit 1847
1842
Nach jahrelangem Verbot werden auch im Herzogtum Nassau, zu dem Höchst gehört, Gründungen von Turnvereinen wieder zugelassen.
1847
Die Turngemeinde Höchst wird gegründet. Die Gründung erfolgt in einer Zeit, in der das Turnen als politische Bewegung verstanden wird. Die Turner setzen sich für die Einheit Deutschlands und für die Freiheit des Volkes ein. Die Turngemeinde Höchst ist eine der ältesten Turngemeinden in Deutschland und hat eine wechselvolle Geschichte.
Gleich nach der Gründungsversammlung im Gasthaus „Zum roten Löwen“ wird am 15. August 1847 das Genehmigungsgesuch zur Gründung eines Turnvereines gestellt. Als Vereinszweck geben die Gründerväter folgendes an: „Der Turnverein ist ein Verein von Männern und Jünglingen, welche durch gemeinsame Turnübungen gleichmäßig Gesundheit des Körpers, Stärkung des Geistes und Reinheit der Sitten zu erstreben die Absicht haben.“ Zum ersten Vorsitzenden wird der Gastwirt und Bierbrauer J. B. Hartmann gewählt.
Mit der Zulassung lassen sich die Behörden Zeit. Turnvereine werden von der Obrigkeit kritisch beäugt. Unter dem Deckmantel des Sports werden politische Aktivitäten vermutet – nicht ganz zu Unrecht, wie sich später herausstellen sollte. Auch ohne Zulassung wird geturnt. Die erste Fahne, auf Leinwand gemalt, entsteht. Endlich wird am 2. September 1847 der „Turnverein zu Höchst“ genehmigt. Vom ersten Vorstand sind neben J. B. Hartmann nur Wilhelm Stähler (Lehrer) und Louis Ehry bekannt. 70 Mitglieder zählt der Verein.
Mädchen und Frauen werden nicht in den Verein aufgenommen. Gegner des Frauenturnens argumentieren, dies gefährde die Sittlichkeit und schädige die Gebärmutter. Erst 1894 nehmen Frauen erstmals an einem Deutschen Turnfest teil.
1848
Es sind unruhige Zeiten. Der Ruf nach Freiheit ist unüberhörbar. Angefacht von der französischen Revolution kommt es auch in Deutschland zu Aufständen gegen die herrschende Klasse. Auf der Versammlung der Turnvereine Frankfurt, Offenbach, Hanau, Mainz, Wiesbaden, Idstein und Höchst am 9. Januar in Hattersheim wird zum gewaltsamen Umsturz aufgerufen.
In der aufgeheizten Stimmung wird der Turnverein schon ein Jahr nach der Gründung im Juli 1848 aufgespalten in einen politisch gemäßigten (Hauptverein) und einen weniger gemäßigten Verein. Die Querelen konnten jedoch schnell überwunden werden, so dass Anfang 1849 beide Teile wiedervereinigt wurden.
Der Arzt Dr. Schüler, ein sehr geachteter Bürger von Höchst, wird zum Ehrenmitglied für seine Verdienste im turnerischen Bereich ernannt. Die Turner bildeten unter seiner Führung eine eigene Kompanie der Volkswehr. Morgens wurde exerziert und nachmittags wurden Umzüge und Märsche in die Umgebung gemacht. Dabei ging es wohl sehr lustig zu, zumal der Apfelwein billig war.
Geld wird gesammelt für Seide und Stickgarn zur Anfertigung einer Vereinsfahne, die Ehefrauen und Schwestern der Turner sticken. Ganz Höchst und viele auswärtige Turner sind dabei, als die Fahne am 3. September feierlich eingeweiht wird.
1849
Die parlamentarische Demokratie wird im Sommer blutig niedergeschlagen. Am 20. September wird Höchst von Truppen besetzt.
1852
Da die Behörden selbst Wandertreffen verboten haben, formieren sich die Turnfreunde in Gesangvereinen und gründen Feuerwehren; bei denen auch die körperliche Ertüchtigung gefragt ist. Am 18. Februar werden alle Turnvereine im Herzogtum Nassau aufgelöst. Bis Ende 1859 kann nur im Verborgenen geturnt werden.
1860
Am 9. August wird der Höchster Turnverein neu gegründet und hat großen Zulauf. Das gesellschaftliche Leben blüht auf. Bälle werden veranstaltet und Wanderungen durchgeführt. Fast jedes Wochenende gibt es irgendwo ein Turnfest. Die alte Fahne des Vereins hat die Verbotsjahre wohlbehütet überstanden. Im Vorstand sind Fritz Stein, Franz Adam, Adam Rohmann und wieder Louis Ehry.
Beliebt waren auch die Turnerbälle. Die Sitten waren streng: Wer auf einer Mitgliederversammlung für ein Fest oder einen Ausflug gestimmt hatte, dann aber nicht daran teilnahm, bekam für ein halbes Jahr das Stimmrecht entzogen. Wer statt zur Mitgliederversammlung zu gehen in einer Kneipe beim Kartenspiel erwischt wurde, wurde ausgeschlossen.
1870
Der Höchster Turnverein gibt sich den Namenszusatz „Höchster Turnverein 1870“.
1875
Der Verein ändert seinen Namen in „Turngemeinde Höchst“, den er bis heute trägt.
1877
Bei der TGH wird eine Jugendabteilung gegründet.
1884
Der Verein pachtet das Grundstück für die geplante Turnhalle für 25 Jahre von der Gemeinde Höchst. Es befindet sich gegenüber dem heutigen Bahnhof zwischen Leverkuserstraße und Antoniterstraße (ehemals Feldberg- und Jahnstraße). Der Grundstein wird gelegt und mit dem Rohbau begonnen.
1885
Schon ein Jahr später startet der Turnbetrieb in der neuen Halle – die erste Turnhalle im Rhein-Main-Gebiet. Beleuchtet wird mit Gaslicht. Die Einweihung erfolgt am 30. August mit Festzug , Konzert, Schauturnen und einem Ball.
1896
Die TGH kauft das bisher nur gepachtete Turnhallengrundstück.
1897
Unter Anteilnahme der ganzen Stadt feiert die TGH ihr 50-jähriges Jubiläum. Neben einem Turnfest mit mehr als 500 auswärtigen Turnern finden ein großer Umzug, Festreden und ein Ball statt. Zudem wird eine neue Fahne geweiht.
1908
Im Juli findet das deutsche Turnfest in Frankfurt am Main statt.
1910/11
Eine Seniorenturnriege, Damen- und Schülerabteilung werden gegründet. Die Schülerabteilung muss auf behördliche Anordnung wieder geschlossen werden; der Staat besteht auf seinem Erziehungsmonopol.
1914
Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges hat die Turngemeinde 380 Mitglieder. Sofort bei der Mobilmachung werden 49 Turner einberufen, darunter sechs Vorstandsmitglieder.
1915
Die Halle wird vom Militär beschlagnahmt und als Feldlazarett und Gefangenenlager genutzt. 106 Turner sind inzwischen Soldaten.
1918
Bei Kriegsende sind 23 Turner gefallen, viele andere ihr Leben lang gezeichnet.
1919
Jetzt ist die Turnhalle von der französischen Besatzungsmacht beschlagnahmt. Der Mitgliederbestand erholt sich leicht auf 320 Personen. Die Stadtverwaltung erlaubt die Benutzung der Halle der Antoniterschule.
1921
Die vier höchster Vereine Turngemeinde, Fußballclub 01, Sportverein 08 und die Athletenvereinigung vereinigen sich zur Turn- und Sportgemeinde Höchst 1847. Es ist jedoch nur ein kurzes Intermezzo. Schon 1924 gehen die Vereine wieder getrennte Wege.
1925
Die Turnhalle wird von der Besatzungsmacht wieder freigegeben.
1929
Die Turnhalle ist nach den Schäden des ersten Weltkrieges renoviert. H. Berhardt und J. Will gründen eine Fechtabteilung. Zwei Jahre später gehört auch eine Schwimmabteilung mit eigenem Badeplatz zum Verein.
Die steigende Arbeitslosigkeit lässt die Mitgliederzahl des Vereins auf ein kleines Häuflein zusammenschrumpfen. Die finanzielle Lage wird immer düsterer.
1930
Die Wirtschaftskrise und die hohe Arbeitslosigkeit belasten den Verein.
1933
Der Deutsche Turnerbund verlangt den Ausschluss „nicht-arischer“ Mitglieder aus den Vereinen. Die Regierung verbietet Zehn- bis Vierzehnjährigen die Vereinsmitgliedschaft.
1940
Die Turnhalle wird zum bis März 1944 Quartier von Kriegsgefangenen. Fortan wird in der Halle der Hostatoschule geturnt.
1944
Bei einem Bombenangriff am 22. März auf das Bahnhofsgelände wird die angrenzende Halle so schwer beschädigt, dass sie einstürzt. 17 italienische Kriegsgefangene werden getötet.
1945
Turnen sowie jede andere Art von Sport werden verboten.
1946
Auf dem Gelände der zerstörten Halle wagen die ersten Turner einen Neuanfang.
1947
Das 100-jährige Jubiläum feiert der Verein in der Kantine der Breuerwerke. Unter den Gästen ist auch der Frankfurter Oberbürgermeister Walter Kolb, später Präsident des Deutschen Turnerbundes.
1950
Das Gelände der Turnhalle wird wirtschaftlich genutzt, um einen Hallenneubau zu finanzieren. Geschäftsleute beziehen das Turner-Quartier.
1956
Der Verein verkauft das Grundstück am Bahnhof und kauft das Grundstück an der Hospitalstraße. Die große Halle wird gebaut. Beim Gauturnfest in Praunheim tritt der Spielmannszug der TG Höchst erstmal öffentlich auf.
1957
Zu seinem 110-jährigen Jubiläum weiht der Turnverein die neue Halle in der Hospitalstraße 47 mit einem großen Ball ein.
1958
Neben Turnen und Fechten wird Leichtathletik zu einem weiteren Schwerpunkt des Vereins. Leichtathleten der TGH gewinnen viele Staffelwettbewerbe, darunter die Frankfurter Stadtstaffel.
1968
Jürgen Eigenherr, Gewächs der TGH, erringt bei den Olympischen Spielen in Mexiko den vierten Platz im 400-Meter-Lauf.
1973
ab 1974
Eckhard Walter richtet links neben der Bühne den ersten Kraftraum mit selbst gebauten Sportgeräten ein und überlässt sie dem Verein.
1989
Da die große Halle auch von der Robert-Blum-Schule für den Sportunterricht genutzt wird, haben die rund 800 Mitglieder der TGH ein Platzproblem und müssen zum Training nach Nied und in andere Schulen ausweichen. Für 1,1 Millionen Mark (heute 550.000 Euro) erweitert die TGH daher ihr Domizil an der Hospitalstraße um eine kleine Halle. Finanzielle Unterstützung kommt vom Land Hessen, dem Landessportbund und der Stadt Frankfurt.
ab 1990
1997
Das 150-jährige Jubiläum feiert die TGH mit einem Akademischen Abend und einem Bunten Abend.
2000
Die Mitgliederversammlung verabschiedet eine neue Vereinssatzung. Wolfgang Böttcher, langjähriger hauptamtlicher Trainer, scheidet aus dem Verein aus. Netta Fay übernimmt als hautamtliche Trainerin. Zum Jahresende hat der Verein 670 Mitglieder.
2001
Die TGH geht mit einer eigenen Internetseite online.
2003
Der Ehrenvorsitzende Werner Brauch stirbt. Der Verein hat zum Jahresende 911 Mitglieder.
2004
Die Grabsteine unserer Vereinsmitbegründer Dr. Schüler und seiner Frau werden aus dem Park in der Luciusstraße in unseren Verein geholt. Mit einer Gedenktafel werden die Steine im Rahmen einer Feierstunde eingeweiht. Der Verein hat zum Jahresende 1078 Mitglieder
2006
Der Verein installiert eine Solar-Brauchwasser-Anlage.
2007
Um die Stromkosten zu senken, wird eine Solarstromanlage auf dem Dach installiert. Der Verein hat zum Jahresende 1408 Mitglieder.
2009
Beim Deutschen Turnfest in Frankfurt betreut die TGH die Übernachtungsgäste in der Robert-Blum-Schule und der Leibniz-Schule.
2011
2017
Die Fenster in der kleinen Halle, im Kraftraum und Mattenraum (Dojo) werden durch Energiesparfenster ersetzt. Der Verein hat 1860 Mitglieder.
2018
In der großen Halle wird eine Boulderwand installiert.
2020
Im März müssen alle Sportangebote wegen der Corona-Pandemie eingestellt werden. Teilweise können Online-Übertragungen angeboten und Sportangebote draußen auf die Wiese und in den Hof verlegt werden. Die Zahl der Mitglieder schrumpft auf 1692.
2021
Die Pandemie hat den Verein noch immer im Griff. Wo es möglich ist, finden die Sportangebote draußen statt. In der zweiten Jahreshälfte können wir auch wieder in der Halle trainieren. Um noch mehr Möglichkeiten zu haben, wird die Terrasse an der großen Halle für Sportangebote vergrößert. Mit der Verlegung der Kabel startet die TGH ihre Digitalisierung. Der Verein schrumpft auf 1621 Mitglieder.
2022
Das 175-jährige Jubiläum feiert die TG Höchst mit zahlreichen Veranstaltungen. Im März pflanzen Freiwillige rund 350 Bäume am Herzberg im Taunus. Im Sommer ist die TGH Partner beim Schlossfest und Altstadtfest mit Bewegungsangeboten. Im September findet ein Ball statt.